Inferno
Inferno - Apokalypse - Dystopie
Man kennt die mittelalterlichen Darstellungen der Hölle etwa von Brueghel oder Bosch oder Beschreibungen derselben in Dante' s Inferno.Die bildlichen Darstellungen dieser Zeit weisen gewisse Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten auf und waren als solche vermutlich prägend für die Vorstellungen der Menschen dieser Zeit. Vielleicht war es auch umgekehrt ...
Man sieht ja immer eher dunkle Landschaften, absurd verzerrte Formen, Glut und Feuer, sowie kleine Teufel, welche die armen Seelen mit Dreizacken piesacken.
In jedem Fall stellte man sich die Hölle als einen physischen Ort vor, der für bestimmte Seelen die Endstation und Ort ewiger Qualen war. Bei Dante ist die Hölle (Inferno) zumindest für ihn ein Durchgangsort, der über den Läuterungsberg (Purgatorio) hin zum Paradies (Paradiso) führt.
Nun scheint mir aber die "Hölle" kein tatsächlich physischer Ort zu sein - wo sollte dieser sich befinden.
Unlogisch und zutiefst ungerecht scheint mir auch ein Ort ewiger Verdammnis oder ewiger Qualen für "Sünden" im Vergänglichen. Denn: Wie kann ein endliches Vergehen eine unendliche Wirkung nach sich ziehen - da stimmt das Strafmaß nicht. Ich denke wir haben es hier mit einem seelischen Zustand zu tun, den jeder in andere Bilder kleiden wird, wenngleich kulturelle Bildeinflüsse hier immer mit einfließen werden - womöglich sind einige davon auch Archetypen im kollektiven Unbewussten der Seele...
Wie dem auch sei. Ich stelle mir diese "Hölle" oder zumindest Bereiche davon - und davon dürfte es unzählbar viele geben - so vor, wie es die folgenden Bilder zeigen.
Einmal geht es um Ängste, wie die Angst vor Spinnen, um dunkle gluterhellte Höhlen, um seltsame Kreaturen oder so etwas wie einen Satan oder Höllenfürst als Personifikation dunkler Seelenmächte. Im Grunde geht es also um Visualisierungen von dunklen Seeleninhalten, die doch allzu gerne verdrängt werden. Seelisch gesünder scheint mir, sich diese bewusst zu machen, sie anzuschauen aus der Distanz, dann verlieren sie jeglichen Schrecken - "Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg?"
In der seelischen Entwicklung ist es eben nur eine Durchgangsstation, durch die jeder hindurch muss!
Nun ist es zum Verständnis der oben beschriebenen Vorgänge jedoch von grundlegendster Bedeutung sich die Bedeutung des Begriffes "Seele" klarzumachen. Es ist nicht ein Bereich, der dem Verstande folgt oder Konsequenz physischer Aktivität ist, es ist also kein Anhängsel des Körpers oder Ausdruck wirrer Ereignisse im Gehirn!
Es ist die Seele ein eigenständiges Etwas, das den physischen Leib durchwirkt und auch auf diesen einwirkt. Es ist wie eine brodelnde Flüssigkeit, in der ständig Formbilder aufsteigen und sich bilden, aufsteigen aus den tiefsten Tiefen des "Unbewussten", dessen Wurzeln in die Bereiche greifen, die im tiefsten Seelendunkel lauern und sich regen, dem seelischen Bilder- und Erfahrungsschatz beginnend mit der ersten "Seele". Ebenso können seelische Bilder angeregt werden durch Sinneseindrücke aus der Außenwelt.
Es geht bei den hier dargestellten Szenen jedoch nicht nur um das Inferno, die Hölle, sondern auch um die Themen Dystopie und Apokalypse. Ich sehe diese drei Themen als zusammengehörig, als eine Art Dreiklang.
Vom Unheimlichen
Der Horror spielt mit Ängsten der Menschen in einer eher bedrohlichen, aggressiven Form. Das Ausdrucks- oder Formenspektrum ist hier sehr weitgefächert.
Ausdrucksformen reichen von den Darstellungen von Dämonen in der babylonischen Mythologie, der Hölle im Mittelalter, bis hin zur Horrorliteratur in neuerer Zeit (etwa Bram Stoker, Stephen King oder Clive Barker). In der Malerei finde ich vor allem die Werke von "Zdzisław Beksiński" erwähnenswert, die jedoch bei längerer Betrachtung sehr verstörend wirken können. In eine ähnliche Richtung geht der russische Künstler "Anton Semenov".
Was hier zum Ausdruck kommt, sind letztlich seelische Abgründe, die dunkle, in der Regel verdrängte Seite des Seelischen, die im wohlgeordneten und geregelten Alltag des Durchschnittsmenschen keinen Platz hat, da diesem der Mut fehlt, sich mit den eigenen Abgründen auseinanderzusetzen und der es vorzieht, diese auf die Umwelt zu projizieren und dort zu bekämpfen (ein Kampf gegen Windmühlen).
Durch Projektion dieses Verdrängungsmechanismus auf eine ganze Zivilisation (als Ausdruck einer Kulturstufe) entsteht ein gewaltiger Komplex aus solch verdrängten seelischen Inhalten, der wächst und wächst und irgendwann nach Entladung drängt, wie z.B. die beiden Weltkriege gezeigt haben. Im kleineren Maßstab sieht man das ebenso in Alltagssituationen, in denen diese Energieströme einen Weg nach außen finden - auch gerade bei anscheinend so friedliebenden Menschen, die dann ihre Maske fallen lassen.
Verdrängung von Aggression ist nicht gleichbedeutend mit der Überwindung des vorhandenen Aggressionspotentials. Diese Entladungen müssen früher oder später - in kleinerem Umfang - immer auch beim Einzelmenschen auftreten - es braucht lediglich den richtigen Auslöser, der dann zu unkontrollierten Entladungen führt.
Gesünder ist es ein Auge auf die eigenen dunklen Inhalte zu haben, sie zu sehen, sich diese bewusst zu machen.
Anstatt zu verdrängen, muss man diese destruktiven Energien transformieren in schöpferische Energien - als Künstler hat man diese Möglichkeit im Besonderen.
Doch zurück zum Thema "Horror". In meinen Bildern und Zeichnungen zu diesem Thema tritt der bedrohlich-aggressive Aspekt gar nicht auf. Die Figuren oder Akteure treten nicht aus dem Bildgrund, springen den Betrachter nicht an. Aus diesem Grund scheint mir der Begriff des "Unheimlichen" angemessener, auch weil das "Verheimlichen" mit darin steckt, im Sinne eines Verborgenen, latent bedrohlichen, angsterzeugenden, lauernden Nicht-greifbaren - ähnlich einer lauernden, sprungbereiten Spinne. Das ist schwierig in Worte zu kleiden, man muss es empfinden, seelisch wahrnehmen.